150.000 Euro pro Schuljahr fließen in Spracherwerb an Berufsbildenden Schulen
Region Hannover. Durch gezielte Sprachfördermaßnahmen den Ausbildungsabschluss sichern: Was als erfolgreiches Modellprojekt der Region Hannover mit dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft gestartet ist, soll jetzt zu einem stetigen Angebot an den Berufsbildenden Schulen in der Region Hannover werden. Das hat der zuständige Schulausschuss in seiner letzten Sitzung (28.6.) einstimmig empfohlen. Wenn auch die Regionsversammlung am 12.7. grünes Licht gibt, wird das Projekt mit jährlich 150.000 Euro fortgesetzt. Vor allem Auszubildende in der Pflege, der Sozialpädagogik und im Handwerk sollen von der Sprachförderung profitieren, da hier der Bedarf an Fachkräften besonders hoch ist.
„Die Erfahrung zeigt, dass der Integrationsprozess nicht mit dem Ausbildungsstart abgeschlossen ist. Die Jugendlichen brauchen auch weiterhin Unterstützung, um ihre Ausbildung erfolgreich abschließen können – der Erwerb der deutschen Sprache und Fachsprache ist ein ganz entscheidender Schlüssel dafür“, betont Bildungsdezernent Ulf-Birger Franz. „Die Zahlen zeigen, wie erfolgreich die Maßnahmen waren: 90 Prozent der Teilnehmenden haben ihre Abschlussprüfung bestanden und alle haben sich im Durchschnitt um mindestens eine Schulnote verbessert – das verdient Anerkennung!“
An den drei in der Pilotphase involvierten Berufsbildenden Schulen – BBS Springe, BBS 2 und BBS 7 – haben insgesamt rund 230 Schülerinnen und Schüler aus mehr als 50 Klassen am Projekt teilgenommen. Sie erhielten Förderung während des Unterrichts, zum Beispiel im Teamteaching, Förderunterricht in Kleingruppen, vereinfachte Lernunterlagen, sozialpädagogische Betreuung, kommentierte Hausaufgaben, phonetische Trainings und Hilfe bei der Vorbereitung von Klassenarbeiten, Prüfungen und Referaten.
Nach drei Jahren Projekt zeigt sich: Nicht nur die Schulnote hat sich in der Zeit verbessert, auch die Abbruchquote in der Ausbildung ist an den drei teilnehmenden Schulen auf zehn bis 12 Prozent zurückgegangen. Zum Vergleich: Im gesamten Bundesgebiet liegt die Abbruchquote in der Ausbildung bei rund 25 Prozent.
Ein weiteres Ergebnis der Evaluation im Modellprojekt: 17 Herkunftsländer, darunter Iran, Pakistan, Afghanistan, Irak, Syrien, Marokko, Madagaskar, Eritrea, Nigeria, Sambia, Zimbabwe, Kasachstan oder Indien, mit eigener Kultur, Sprache und mitunter auch abweichenden Schriftsystemen – das stellt die Jugendlichen beim Deutscherwerb vor besondere Herausforderungen. Die meisten beginnen die Ausbildung mit unzureichenden Sprachkenntnissen. So erreichten beim Eingangstest 73 Prozent ein Sprachniveau von A2 und beherrschten die deutsche Sprache nur elementar. Lediglich 27 Prozent erreichten beim Sprechen, Verstehen und Schreiben das Sprachniveau B1, standen also am Anfang der selbstständigen Sprachbeherrschung. Von der gezielten Unterstützung konnten beide Gruppen gleichermaßen profitieren.
Ob als Friseur*in, Tischler*in/Holzmechaniker*in, Pflegekraft, Maßschneider*in, Bäcker*in, Konditor*in, Koch/Köchin, Fleischer*in, Fachverkäufer*in, Sozialassistent*in oder Fachkraft im Gastgewerbe: Jeder und jede von ihnen muss dafür ganz unterschiedliche Fachbegriffe und -Beschreibungen verstehen und benutzen lernen. Ein Beispiel: „Ammoniakspaltende Verbindungen stabilisieren beziehungsweise regulieren den PH-Wert“, so steht es im Lehrbuch für angehende Friseur*innen. Selbst für Muttersprachler*innen ist das kein ganz einfacher Satz.