Schuldnerberatungsstellen der AGW Region Hannover fordern finanzielle Allgemeinbildung
Region Hannover/Hannover. Finanzielle Allgemeinbildung von klein auf fordern die Schuldnerberatungsstellen der AWO Region Hannover, des Caritasverbandes Hannover und des Diakonischen Werkes. „In einer auf Konsum ausgerichteten Welt muss der Umgang mit Geld, Handy und Internet gelernt werden“, sagt Philipp Vorwergkanlässlich zum heutigen Start der Aktionswoche Schuldnerberatung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV). So könne der Verschuldungsgefahr durch „Buy now, pay later“-Angebote entgegen gewirkt werden. „Buy now – Inkasso später“ lautet auch das Motto der bis zum 14. Juni laufenden Aktionswoche. „Viel zu viele, auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von den scheinbar so verlockenden Angeboten ausgeht, jetzt etwas im Internet zu bestellen und es später zu bezahlen. Das Risiko, den Überblick zu verlieren und in eine Schuldenfalle zu geraten, ist bei diesen Angeboten extrem hoch“, so der Leiter der AWO Schuldnerberatungsstellen.
Für die betroffenen Haushalte – darunter viele junge Menschen – sei es wichtig, wieder einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen und eine gute Budgetplanung zu erstellen, wollen sie aus der Schuldenfalle heraus, ergänzt Matthias Wenzel von der Caritas. „Das ist kein einfacher Weg, der auch die Schuldnerberatungsstellen vor große Herausforderungen stellt.“ Daher fordert auch die Schuldnerberatung der Caritas gemeinsam mit der AG SBV neben einer finanziellen Allgemeinbildung von klein auf viel mehr Transparenz bei ´Buy Now, Pay Later`-Angeboten. Für eine finanzielle Allgemeinbildung brauche es kein neues Unterrichtsfach. Schon in der Kita und den Familien könne situationsbezogen und lebensnah thematisiert werden, was das Leben kostet. Kinder verständen auch, wenn die Eltern sparen müssten, weil das Geld für Miete, Strom und Lebensmittel nicht mehr reicht. Mit einem kleinen Taschengeld könnten Kinder lernen, ihr eigenes Geld einzuteilen oder zu sparen. Es sei immer gut, wenn Kinder und Jugendliche früh erfahren, dass man sich Unterstützung suchen kann, wenn sie Probleme haben und sich Sorgen machen. Allein zu wissen, dass es kostenlose und soziale Schuldnerberatung gibt, könne in krisenhaften Situationen sehr wichtig sein.
„Mit den vielen verschiedenen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter verschwimmt“ für die Käuferinnen und Käufer die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung, erklärt Wenzel. Die Zahlung laufe dann häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen werde. „Das wird im Kaufprozess aber nicht klar kommuniziert. Auch Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren gibt es häufig nicht. Transparenz bei Zinsen und Kosten im Zusammenhang mit solchen Geschäften dürfen nicht im Kleingedruckten stehen, sie müssen für alle verständlich unmittelbar vor dem Bezahlprozess erfolgen. Da muss der Gesetzgeber tätig werden“, so Wenzel. Er ist sicher, dass auf diese Weise viele Menschen vor der Schuldenfalle bewahrt werden können.
Und wenn – unter anderem durch „Buy Now, Pay Later“-Angebote – Menschen in die Verschuldung geraten seien, müssten sie einen Zugang zur Schuldnerberatung haben. „Der darf nicht abhängig sein von örtlichen Regelungen, daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle“, ergänzt Christian Ernst vom Diakonischen Werk. Zudem müsse es eine dauerhaft institutionell abgesicherte primäre Präventionsarbeit geben, die Schuldnerberatungsstellen in Trägerschaft der Verbände leisten könnten. „Vorbeugen ist hier besser als heilen, es erspart vielen Menschen die drohende Armut. Und wenn Menschen in diese Situation kommen, muss vor allem Soziale Schuldnerberatung gestärkt werden. Sie verfolgt einen ganzheitlichen Beratungsansatz und unterstützt Überschuldete bei ihrer wirtschaftlichen und psychosozialen Stabilisierung. Ein auch volkswirtschaftlich messbarer Mehrwert“, sagt Ernst.